Ist Selbstversorgung ein vernünftiges Ziel?
Es ist eine berechtige Frage, inwiefern energetische Autarkie für eine Gemeinde überhaupt ein erstrebenswertes Ziel sein soll. Niemand verlangt schießlich die Eigenversorgung mit Kartoffeln ober mit Rohstoffen zur Produktion von Batterien. Und es wurde auch noch nicht gefordert, jede Gemeinde müsse sich im Falle eines Krieges selbst verteidigen können und dafür die nötigen Ressourcen hinsichtlich Soldaten und Bewaffnung bereithalten.
Der Begriff „Autarkie“ steht grundsätzlich für die Unabhängigkeit von äußeren Faktoren. Angewandt auf den Strombedarf einer Kommune wäre das die vollständige Selbstversorgung mit Strom oder allgemeiner, mit Energie. Man spricht dann konkret von „energetischer Autarkie“ oder von „Energieautarkie„.
Selbstredend macht solches Denken erkennbar wenig Sinn. Die Vernetzung und die Zusammenarbeit über die engen kommunalen Grenzen hinaus sind ja nachgerade die entscheidenden Faktoren einer prosperierenden Wirtschaft und damit des Wohlstands. Warum sollte das im Hinblick auf die Energieversorgung anders sein?
Dessen ungeachtet wird von vielen Kommunen und von Landkreisen immer häufiger das Ziel der energetischen Autarkie ausgegeben, als läge darin der Schlüssel für eine sichere und bezahlbare Energieversorgung. Das Gegenteil ist richtig: Nur auf Basis einer übergreifenden Zusammenarbeit besteht überhaupt eine Chance zur Herstellung der Versorgungssicherheit mit Strom bei gleichzeitiger Bezahlbarkeit. Kommunale Energieautarkie ist ein völlig irrelevanter Euphemismus und am Ende für die Sicherstellung einer bezahlbaren Energieversorgung sogar schädlich, weil die falschen, hohe Kosten verursachenden Akzente gesetzt werden.
Bilanzielle Autarkie ist keine Autarkie, sondern Augenwischerei
Wenn ein Windpark 100 % des Jahresstrombedarfs liefert, dann hat man doch die Energieversorgung mit Windstrom gesichert, könnte man meinen. Dem ist leider nicht so, weil bilanzielle Autarkie und Versorgungssicherheit meilenweit auseinander liegen. Diese simple Tatsache ist vielen nicht klar und wird von den Projektträgern und politischen Befürwortern geflissentlich verschwiegen, sofern sie überhaupt darüber Bescheid wissen. Das soll im Folgenden näher erläutert werden. Betrachten wir zunächst ein theoretisches Idealmodell der Windstromproduktion. Die näheren Hintergründe zur Theorie werden in Versorgungssicherheit mit Windstrom – eine theoretische Analyse | sumymus im Detail erläutert.
Theoretische Versorgungssicherheit unter idealen Bedingungen
Wenn genausoviel Strom produziert wird, wie man im Mittel benötigt (das wird oft und fälschlicherweise „Autarkie“ genannt), dann hat man tatsächlich (unter den genannten theoretischen Bedingungen, s. Abb, 1) nur eine Versorgungssicherheit von 30 % und dementsprechend ein Versorgungssrisiko von 70 %. Im Diagramm entspricht diese Situation einem Produktionsfaktor von q = 1. An 70 von 100 Tagen wird in diesem Falle zu wenig Strom produziert, obwohl über das Jahr betrachtet die Stromproduktion dem Bedarf entspricht. An 30 von100 Tagen wird entsprechend mehr Strom erzeugt als man tatsächlich benötigt, wovon man allerdings nicht profitieren kann, wenn die Stromspeicher nicht vorhanden sind.
Abbildung 1: Theoretische Versorgungssicherheit aus der Produktion von Windstrom unter idealen Bedingungen als Wahrscheinlichkeitsverteilung. Auf der x-Achse ist der Umfang der Windstromproduktion in Vielfachen des Strombedarfs (Produktionsfaktor q) aufgetragen. Die y-Achse zeigt die resultierende Versorgungssicherheit als Funktions des Produktionsfaktors q. Die Berechnung basiert auf der typischen Windverteilung in Deutschland, Ferner wurde eine Windstromproduktion unter theoretisch idealen Bedingungen (verlustfrei, 100-prozentige Verfügbarkeit, keine Abschaltung) angenommen. Ein Zahlenbeispiel: Wenn der Produktionsfaktor = 1 ist (also genausoviel Strom produziert wird, wie im Mittel benötigt wird), dann liegt die Versorgungssicherheit bei 0,3 (= 30 %) und das Versorgungssrisiko bei 0,7 (= 70 %).
Selbst dann, wenn man 10-mal mehr Windstrom produziert als tatsächlich im Gesamtjahr benötigt wird (Produktionsfaktor q = 10), ergibt sich nur eine Versorgungssicherheit von 0,77 (= 77 %). In diesem Falle hätte man zugleich eine Überproduktion von 900 % (was wiederum das Stromnetz destabilisiert) und dennoch ein signifikantes Versorgungsrisiko. Auch beim Hundertfachen (Produktionsfaktor q = 100) kommt man nur auf eine Versorgungssicherheit von 95 %. Abgestützt ausschließlich auf Windstrom und ohne Speicher sind daher Versorgungssicherheit und Autarkie noch nicht einmal theoretisch erreichbar.
Theoretische Versorgungssicherheit unter realitätsnahen Bedingungen
Und wie sieht es in der Praxis aus? Betrachten wir dazu die realen Bedingungen für Windräder mit definierter Leistungscharakteristik. Dazu gehört neben der Abhängigkeit der Stromproduktion von der Windgeschwindigkeit vor allem der von der Drehzahl abhängige sogenannte Erntefaktor. Auch die Abschaltung von Windrädern ab einer bestimmten Windgeschwindigkeit und Nullertrag bei Windgeschwindigkeiten unter einer bestimmten Schwelle (meist bei ca. 2 – 3 m/s) wird berücksichtigt. Im Ergebnis erhält man den in Abb. 2 dargestellten Verlauf der typischen Versorgungssicherheit mit Windstrom.
Abbildung 2: Theoretische Versorgungssicherheit aus der Produktion von Windstrom unter realitätsnahen Bedingungen als Wahrscheinlichkeitsverteilung. Auf der x-Achse ist der Umfang der Windstromproduktion in Vielfachen des Strombedarfs (Produktionsfaktor q) aufgetragen. Die y-Achse zeigt die resultierende Versorgungssicherheit als Funktions des Produktionsfaktors q. Die Berechnung basiert auf der typischen Windverteilung in Deutschland, Ferner wurde eine Windstromproduktion unter unter realitätsnahen Bedingungen (minimale Windgeschwindigkeit, Abschaltung bei Maximalschwindigkeit, Erntefaktor entsprechend Leistungscharakteristik) angenommen. Ein Zahlenbeispiel: Wenn der Produktionsfaktor q = 1 ist (also genausoviel Strom produziert wird, wie im Mittel benötigt wird), dann liegt die Versorgungssicherheit bei 0,36 (= 36 %) und das Versorgungssrisiko bei 0,64 (= 64 %).
Wenn genausoviel Strom produziert wird, wie im Mittel benötigt wird (die falsche „Autarkie„), dann hat man tatsächlich (unter den genannten theoretischen aber realitätsnahen Bedingungen) nur eine Versorgungssicherheit von 36 % und dementsprechend ein Versorgungssrisiko von 64 %. Im Diagramm entspricht diese Situation einem Produktionsfaktor von q = 1. An 64 von 100 Tagen wird in diesem Falle zu wenig Strom produziert, obwohl über das Jahr betrachtet die Stromproduktion dem Bedarf entspricht. An 36 von 100 Tagen wird entsprechend mehr Strom erzeugt als tatsächlich benötigt wird, wovon man ohne Speicherung allerdings nicht profitieren kann.
Selbst dann, wenn man 10-mal mehr Windstrom produziert als tatsächlich im Gesamtjahr benötigt wird (Produktionsfaktor q = 10), ergibt sich nur eine Versorgungssicherheit von 0,77 (= 77 %). Damit hätte man eine das Stromnetz destabilisierende temporäre Überproduktion von etwa 900 % und dennoch ein signifikantes Versorgungsrisiko. Auch beim Hundertfachen (Produktionsfaktor q = 100) kommt man nicht einmal auf eine Versorgungssicherheit von 90 %. Abgestützt ausschließlich auf Windstrom und ohne Speicher sind daher Versorgungssicherheit und Autarkie in der Praxis nicht erreichbar.
Praktisches Beispiel eines kleinen Windparks
Betrachten wir ein Beispiel aus der Praxis. Der Windpark Berg (am Starnberger See) besteht aus 4 Windrädern. Die Gesamtstromproduktion mit Wind, Solar und Biomasse ist mit 104 % (in 2022) höher als der Jahresverbrauch der Gemeinde Berg. Die Kommune nennt das daher „energetische Autarkie„. Aber trotz der Biomasse- und Solarstromanteile ist der Stromertrag an 216 Tagen des Jahres (entsprechend einem Versorgungsrisiko von 59 %) geringer als der kommunale Strombedarf. In Abb. 3 ist der Verlauf der Jahresstromproduktion mit täglicher Über- und Unterversorgung im Jahresverlauf aufgetragen.
Abbildung 3: Exemplarische tägliche Versorgungsgrade in der Gemeinde Berg (2022). Bruttostromerzeugung 104 % des Bedarfs, 300 Tage mit temporärer Unterversorgung, 65 Tage mit permanenter Überversorgung. An ganz schlechten Tagen wird nur 3 % des tatsächlichen Bedarfs erzeugt, an sehr „guten“ Tagen dafür das 3,77-fache des Bedarfs.
Man entnimmt dem Diagramm, dass der Versorgungsgrad an 216 Tagen kleiner als 100 % ist (alle Tage mit roten Balken nach unten). An den restlichen 149 Tagen wird mindestens 100 % des Bedarfs oder sogar mehr Strom erzeugt (alle Tage mit blauen Balken nach oben). Selbstverständlich variert dieses Produktionsprofil in Abhängigkeit von den jeweiligen Wetterbedingungen eines Jahres. Im Grundsatz erhält man aber immer ein ähnliches Muster im Wechsel von Über- und Unterproduktion bei einem typischen Erwartungswert von etwa 60 % – 65 % der Tage mit Stromunterversorgung. Letztlich handelt es sich auch hierbei um eine Wahrscheinlichkeitsverteilung des Versorgungsgrads. Tatsächlich muss Berg, wie man mittels einer detaillierteren Analyse zeigen kann, ca. 50 % seines Strombedarfs von außen beziehen.
Ist das Autarkie? – Natürlich nicht! Die Gemeinde Berg ist in der Substanz auf externe Energielieferungen angewiesen und wird das auch bleiben, selbst dann, wenn noch weitere Windräder gebaut oder riesige PV-Freiflächenanlagen geplant werden (s. Starnberger Merkur vom 07.11.2024 Idee für PV-Freiflächenanlage bei Gut Biberkor).
Wenn also erklärt wird, die Gemeinde Berg sei aufgrund ihrer vier Windräder „energetisch autark“, dann ist das eine Falschbehauptung. Daran ändert auch die stete Wiederholung der Aussage nichts. Man fragt sich, welche Absicht hinter dieser Falschinformation steht? Will man den Leuten Sand in die Augen streuen?
Abschätzung zur Größe der täglichen Versorgungslücke
Wie gesagt, gibt es Tage mit Stromüberproduktion und Tage mit Stromunterproduktion bezogen auf den Bedarf. Es stellt sich die Frage, wie groß denn an den Tagen mit einem Versorgungsdefizit die typische tägliche Versorgungslücke in Einheiten des Tagesbedarfs ist. Eine Versorgungslücke von 100 % bedeutet, dass der komplette Tagesbedarf fehlt. Bei einer Versorgungslücke von 30 % fehlen demnach 30 % des Tagesbedarfs und müssen in diesem Umfang aus anderen Quellen (z.B. von extern) gedeckt werden.
Wir nehmen wieder den allgemeineren Gesichtspunkt unabhängig vom Beispiel Windpark Berg ein. In Abb. 4 ist der Zusammenhang zwischen der Größe der Versorgungslücke und der Wahrscheinichkeit (also der Häufigkeit) für deren Eintreten dargestellt. Dabei betrachten wir sechs Kurvenverläufe mit einem jeweils unterschiedlichen Grad der Jahresstromproduktion im Verhältnis zum Strombedarf.
Abbildung 4: Theoretische Versorgungslücke (unter realitätsnahen Bedingungen) bei der Windstromproduktion mit unterschiedlicher bilanzieller Autarkie (50 %, 100 % … 1000 %). Zur Interpretation der Kurven: Jede Kurve stellt einen Zusammenhang her zwischen der Größe der Versorgngslücke (x-Achse) und der Wahrscheinlichekit für das Eintreten der betreffenden Lücke. Beispiel blaue Kurve (bilanzielle Autarkie = 100 %, in den obigen Diagrammen Produktionsfaktor q =1 genannt). Eine Versorgungslücke von 40 % (x = 40 %) oder mehr stellt sich mit der Wahrscheinlichkeit von etwa 52 % (y = 52 %) ein. Die Versorgungslücke ist größer oder gleich 82 % (x = 82 %) in ca. 30 % (y = 30 %) der Fälle (also der Tage). Wenn die Stromproduktion fünfmal höher ist als der Jahresbedarf (braune Kurve, Produktionsfaktor q =5 ), dann tritt die Versorgungslücke von 40 % (x = 40 %) mit der Wahrscheinlichkeit von etwa 25 % (y = 25 %) ein. Die Versorgungslücke ist größer oder gleich 5 % (x = 5 %) in ca. 30 % (y = 30 %) der Fälle (also der Tage).
Die blaue Kurve in Abb. 4 steht für die sogenannte „bilanzielle Autarkie„, wenn also 100 % des Jahrestrombedarfs erzeugt wird. Wie man dem Diagramm entnimmt, heißt das mitnichten, dass keine Versorgungslücke besteht. Ganz im Gegenteil: Die Versorgungslücke beläuft sich auf etwa die Hälfte des jeweiligen Bedarfs mit etwa 48 %-iger Wahrscheinlichkeit, also an 48 % der Zeitspanne eines Jahres. Eine 90 %-ige Lücke entsteht immer noch mit 24 %-iger Wahrscheinlichkeit. Das sind erhebliche Einschnitte in die Versorgungssicherheit, die das Gerede von der „energetischen Autarkie“ als ziemlich leichtfertig und unreflektiert entlarven.
Wie man der Kurvenschar in Abb. 4 weiter entnimmt, ändert sich an diesem Befund sogar bei einer doppelten (200 %) oder gar 5-fachen Überproduktion (500 %) in der Substanz nicht viel. Allenfalls gibt es graduelle Verbesserungen. Ein Beispiel dazu: Wenn in der Jahresbilanz 500 % des benötigten Strom produziert wird, dann liegt die Versorgungslücke immer noch während 24 % der Zeitspanne eines Jahres in einer Höhe von 50 % des jeweiligen Bedarfs. D.h., mit einer Wahrscheinlichkeit von 24 % kann nur die Hälfte des Strombedarfs tatsächlich über Wind zur Verfügung gestellt werden. Man muss sich dabei vergegenwärtigen, was 500 % bedeutet: Es erfordert, dass z.B. in Berg nicht 4, sondern 20 Windräder stehen – und trotzdem würde man nennenswerte Anteile des Strombedarfs von extern beziehen müssen und wäre von einer echten Autarkie weit entfernt.
Abschätzung zur Größe der Speicherbedarfs
Wie man dem Vorstehenden entnehmen kann, ist mit Windstrom alleine (aber auch in der Kombination mit Solarstom) keine sichere Stromversorgung zu gewährleisten. Man benötigt in jedem Falle Speicher oder Backup-Kraftwerke. Im Folgenden wollen wir exemplarisch die Größe des benötigten Speichers bestimmen. Im konkreten Falle betrachten wir wieder das Beispiel Berg.
In Abb. 5 ist der Verlauf des Strombedarfs (= Verbrauch) gegen die Stromproduktion mit Wind, Photovoltaik und weiteren Produktionquellen aufgetragen. Zusätzlich wird auch die jeweilige Momentandifferenz zwischen der gesamten Stromproduktion und der Last dargestellt. Immer dann, wenn die Stromproduktion höher ist als der jeweilige Verbrauch, kann der Überschuss gespeichert werden. Im Diagramm sind das die Zeiten, in denen die rote Kurve des Ladungsverlaufs ansteigt. Ist dagegen der Verbrauch höher, dann wird der Speicher entladen. In diesem Falle wendet sich die rote Kurve nach unten.
Abbildung 5: Speicherdiagramm zum Windpark Berg. Die linke Vertikalachse zeigt die Tageswerte der Stromproduktion bzw. des Stromverbrauchs in Megawattstunden. An der rechten Achse (rot) ist die Höhe der Speicherladung abzulesen. Im Diagramm sind die Verläufe des Strombedarfs (= Verbrauch, schwarze Kurve) gegen die Stromproduktion mit Wind (blaue Kurve), Photovoltaik (gelbe Kurve) und weiteren Produktionquellen (grüne Kurve) aufgetragen. Die graue Kurve zeigt die jeweilige Momentandifferenz zwischen der gesamten Stromproduktion und der Last. Man sieht, dass trotz der summarischen Gesamtstromproduktion übers Jahr von 104 % über weite Teile des Jahres die Strombilanz negativ ist (graue Kurve unterhalb der Nulllinie). Die rote Kurve stellt den Verlauf der Speicherladung über den Jahresverlauf dar. Der Maximalwert dieser Ladung entspricht der nötigen Speicherkapazität. In diesem Falle sind es 2.711 Megawattstunden.
Um die Größe der erforderlichen Speicherkapazität zu ermitteln, muss man, ausgehend von einem Startwert für die Kapazität, die Initialladung des Speichers und die Speicherkapazität iterativ gezielt so anpassen, dass sich zu keinem Zeitpunkt eine negative Speicherladung einstellt. Der mininale Wert für die so ermittelte Maximalladung des Speichers ist die gesuchte Speicherkapazität.
Im vorliegenden Falle findet man so unter den Bedingungen des Jahres 2022 einen Speicherbedarf von 2.711 MWh und somit die erforderliche Speicherkapazität in genau dieser Höhe. Natürlich wird sich dieser Wert von Jahr zu Jahr, je nach den Wetterbedingungen, verändern. In der Größenordnung tut sich indessen nicht viel. Bei den heutigen Speicherpreisen von etwa 1.000 €/kWh entspricht die berechnete Kapazität einer Investitionssumme von 2,7 Mrd. €. Aber auch bei drastisch günstigeren Speicherkosten von 100 €/kWh wären es immer noch 270 Millionen Euro.
Unabhängig davon muss man festhalten, dass es Speicher dieser Größe (also 2,7 GWh) Stand heute nicht gibt. Nächstes Jahr (2025) soll in Niedersachen Europas größter Batteriespeicher in Betrieb gehen. Er ist auf eine Kapazität von 275 MWh ausgelegt, also etwa ein Zehntel des Bedarfs alleine für die 8000-Einwohner-Gemeinde Berg.
In diesem Zusammenhang wird oft auf E-Autos verwiesen. Man könne doch die Batterien der Elektroautos anzapfen und die dort gespeicherte Energie zum Schließen der Stromlücken verwenden. Ja, das geht tatsächlich. Man darf sich aber keinen Illusionen bezüglich der realen Möglichkeiten hingeben. Die Speicher von E-Autos sind viel zu klein, um damit in nennenswertem Umfang Produktionslücken schließen zu können. Allenfalls für sehr kurz währende Versorgungslücken von etwa einem Tag oder weniger ist das hilfreich. Davon abgesehen werden die Batteriespeicher von E-Autos ja eigentlich zum Fahren benötigt. Sind sie einmal entladen, kann man weder fahren noch ins Netz einspeisen. Und am nächsten Tag steht man mit leeren Händen da.
Wenn man dennoch unterstellt, dass ein durchschnittliches E-Auto jederzeit eine Speicherkapazität von 30 kWh für die Zwecke der Stromversorgung verfügbar machen könnte, wie viele E-Autos bräuchte man dann in der Gemeinde Berg mit ihren mit 8000 Einwohnern? – Es wären 90.000 E-Autos nötig, also ca. 11 Autos pro Einwohner!
Damit wird klar, dass mit großen Speichern prinzipiell die Versorgungssicherheit und damit auch echte Autarkie – wie sinnvoll diese auch immer sein mag – gewährleistet werden kann. Indessen stellt dieser Ansatz allenfalls eine theoretisch mögliche Lösung dar. In der Realität ist das nicht bezahlbar. Der Speicher für Berg in der nötigen Kapazität würde die Stromkosten für die Gemeinde dauerhaft auf mindestens 50 ct/kWh erhöhen. Der Berger Windstrom wäre letztlich unverkäuflich.
Quellen
[1] Starnberger Merkur vom 07.11.2024 Idee für PV-Freiflächenanlage bei Gut Biberkor
[2] Versorgungssicherheit mit Windstrom – eine theoretische Analyse