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Speicherkapazität ist absehbar nicht ausreichend

Bericht im Starnberger Merkur vom 09.01.2024:
Wie Speicher den Strompreis mitbestimmen

Stand der Energiewende Teil 2

Langfassung des Leserbriefs im Starnberger Merkur vom 18.01.2024

Im Beitrag wird betreffend der verfügbaren Batteriespeicher und Pumpspeicher der völlig falsche Eindruck erweckt, Deutschland sei diesbezüglich schon recht gut aufgestellt, es mangele eigentlich nur noch an den industriellen Großspeichern. Damit wird das bestehende Kernproblem der fehlenden Speicher-Kapazität verschleiert. Denn die Leistung der Speicher ist eine in diesem Zusammenhang eher unwichtige Größe. Sie ist nicht völlig irrelevant, aber zweitrangig. Wie eigentlich jeder aus der praktischen Lebenserfahrung in der Nutzung von Batterien weiß, geht es dabei zuallererst um die Speicherkapazität. Das ist der kritische Punkt! Die für den sinnvollen Ausbau der Windkraft und der Photovoltaik erforderliche Speicherkapazität ist absehbar nicht ausreichend. Der Erfolg der Energiewende wird dadurch grundsätzlich gefährdet. Zudem ist das ein immenser Kostenfaktor.

Die Speicherkapazität (gemessen in Gigawattstunden, GWh) und die Batterieleistung (gemessen in Gigawatt, GW) dürfen nicht miteinander vermengt werden. Das erstere ist die Energiemenge, die Ladung, das zweite ist quasi die Geschwindigkeit, mit der die gespeicherte Ladung abgerufen werden kann. Und deswegen ist der im Beitrag angeführte Vergleich der installierten Batteriespeicherleistung mit der Leistung von Atomkraftwerken irreführend. Ein AKW liefert seine Leistung dauerhaft, Batteriespeicher hingegen nur für eine kurze Zeitspanne.

Um den Unterschied zwischen Speicherkapazität und Leistung klarzumachen: Wenn Güter von A nach B transportiert werden müssen, dann interessiert der Laderaum der verfügbaren Transporter, nicht deren Höchstgeschwindigkeit. Genau so es verhält sich im Hinblick auf Speicherkapazität („Laderaum“) und Leistung („Höchstgeschwindigkeit“) der Batterien.

Tatsächlich liegt die aktuelle Strom-Speicherkapazität laut Fraunhofer ISE bei etwa 20 GWh Batteriespeicher und 50 GWh Pumpspeicher. Mit diesen 70 GWh können wir angesichts des mittleren deutschen Leistungsbedarfs von 70 GW eine Dunkelflaute von einer Stunde überbrücken! Der Speicherbedarf zur Überbrückung einer eintägigen Dunkelflaute beläuft sich daher auf mindestens 1.500 GWh. Dunkelflauten über eine Woche, wie sie jedes Jahr mehrfach auftreten können, erfordern folglich Speicherkapazitäten von mehr als 10.000 GWh. Aktuell verfügen wir also noch nicht einmal über 1 % der benötigten Kapazität!

Oft werden in diesem Zusammenhang die in künftigen Elektroautos verbauten Batterien als optionale Speicher genannt.  Auch damit kommt man nicht weit: Die zum Ausgleich von Stromlücken verfügbare Batteriespeicherkapazität von 10 Millionen Elektroautos summiert sich auf kaum mehr als 300 GWh und würde folglich nur für die Überbrückung einer Stromflaute von 4 Stunden ausreichen. Das ist mehr als nichts, aber noch weit vom o.g. Bedarf entfernt und schlägt bereits mit bis zu mehreren 100 Milliarden Euro zu Buche.

Dr. Hieronymus Fischer, Pentenried

Windkraft ist kein verlässlicher Stromlieferant

Bericht im Starnberger Merkur vom 16./17.12.2023
Gauting & Würmtal: Flughafen bremst Kraillinger Windkraft aus

Langfassung des Leserbriefs im Starnberger Merkur vom 09.01.2024

Safety first – das ist der eherne Grundsatz im Luftverkehr, und deswegen erlaubt die Flugsicherheit keine Kompromisse. Von dieser klaren Fokussierung auf Verlässlichkeit und Risikovermeidung ist die Windstromproduktion denkbar weit entfernt. Der Bau von Windkraftanlagen (WKA) in Oberbayern und speziell im Würmtal ist letztlich nur der Ausdruck von Hoffnung, damit einen Beitrag zur Sicherheit der Energieversorgung leisten zu können. Doch diese Hoffnung ist trügerisch. Und im konkreten Falle kann man sogar mit Gewissheit sagen, dass eine sichere Versorgung mit Windstrom ein Ding der Unmöglichkeit ist.

Wenn eine WKA oder ein Windpark 100 % des Jahresstrombedarfs liefert, dann hat man doch die Energieversorgung mit Windstrom gesichert, könnte man meinen. Dem ist leider nicht so, weil bilanzielle Autarkie und Energiesicherheit meilenweit auseinander liegen. Diese simple Tatsache ist vielen nicht klar und wird von den Projektträgern und politischen Befürwortern geflissentlich verschwiegen, sofern sie überhaupt darüber Bescheid wissen.

Warum das so ist, soll kurz erläutert werden: Nehmen wir eine moderne WKA mit 6 Megawatt Nennleistung (bei einer Windgeschwindigkeit von 13 m/s) und unterstellen wir idealisierend eine 100-prozentige Verfügbarkeit (also keine Ausfälle oder Wartungsunterbrechungen). Dieses 6-Megawatt-Windrad leistet bei den in Süddeutschland statistisch vorherrschenden Windverhältnissen typischerweise an etwa 190 Tagen im Jahr tatsächlich weniger als 1 Megawatt und bringt die propagierte Nennleistung von 5 – 6 MW überhaupt nur an ca. 30 – 40 Tagen, mehr oder weniger sporadisch übers Jahr verteilt.

Eine solche WKA liefert im statistischen Mittel an 132 Tagen im Jahr mehr Strom als die angeschlossenen Haushalte benötigen, oft sogar deutlich mehr als das. An den restlichen 233 Tagen, also 64 % des Jahres kann die Stromproduktion indessen die Nachfrage nicht befriedigen. Oft liegt sie sogar unter der Hälfte des Bedarfs und nicht selten fällt die Stromversorgung für einige Tage oder gar Wochen fast ganz aus, statistisch mindestens zwei- bis dreimal im Jahr. Dieser Mangel wird durch die zeitweise Überstromproduktion übers Jahr gesehen zwar bilanziell ausgeglichen, ohne große Speicher ändert das aber nichts an den häufigen Versorgungslücken.

Das Versorgungsrisiko liegt also bei 64 %, der Grad der Versorgungssicherheit beträgt daher nur 36 %. Die resultierende effektive Stromlücke ergibt sich in der Jahressicht zu etwa 45 %, d.h., nur 55 % des Strombedarfs kann tatsächlich durch Windstrom gedeckt werden, der Rest muss im Zweifel aus anderen Quellen bezogen werden, darunter fossile Energieträger.

Diese Zahlen sind das Ergebnis einer theoretischen Analyse nach Maßgabe der statistischen Verteilung der Windgeschwindigkeiten übers Jahr und der Annahme eines konstanten täglichen Bedarfs. Unter den gegebenen Voraussetzungen weichen die Zahlenwerte In der Praxis nicht wesentlich davon ab, allenfalls gibt es statistische Schwankungen und Unschärfeeffekte aufgrund des veränderlichen und im Sommer i. A. geringeren Verbrauchs.

Man vergleiche z.B. die Energieversorgung in Berg am Starnberger See: Die Gesamtstromproduktion (Wind, Solar, Biomasse) liegt ungefähr in der Höhe des Jahresverbrauchs (2022: 104 %). Es besteht daher bilanzielle Autarkie, dennoch müssen ca. 48 % das Bedarfs von extern bezogen werden. Und trotz Biomasse- und Solarstromanteilen ist der Stromertrag an 216 Tagen des Jahres (entsprechend einem Versorgungsrisiko von 59 %) geringer als der Verbrauch.

Wie man unschwer erkennt, sind das völlig andere Welten als im Falle der Sicherheit des Luftverkehrs. Um es pointiert auszudrücken: Wenn es mit der Flugsicherheit so schlecht bestellt wäre, wie mit der Sicherheit der Stromversorgung auf der Basis einer bilanziell 100-prozentigen Autarkie mit Windkraft, dann würden 6 von 10 Flugzeugen abstürzen oder zumindest ihr Ziel nicht erreichen.

Nun könnte man denken, dann müsse man eben mehr Windräder bauen, z.B. doppelt so viele, so dass man 200 % des Bedarfs bilanziell mit Windstrom abzudecken in der Lage ist. Die Versorgungssicherheit kann derart im statistischen Mittel theoretisch von 36 % auf 52 % gesteigert werden und das reduziert auch die Versorgungslücke von 45 % auf etwa 33 % des Jahresbedarfs. Die erforderliche Sicherheit der Energieversorgung kann so aber prinzipiell nicht erreicht werden. Auch wenn die Jahres-Windstromproduktion auf das 10-fache des Jahresverbrauchs hochgeschraubt wird, kommt die Versorgungssicherheit nicht über 80 % hinaus (also Versorgungsrisiko 20 %) und die jährliche Versorgungslücke beträgt immer noch 10 – 20 % des Jahresverbrauchs. Dass dabei zugleich ein Jahresüberschuss in Höhe von 900 % erzeugt wird und die Überproduktion zeitweise 30-mal höher ist als der Bedarf, verschärft das Problem eher noch mehr.

Wie man es auch dreht und wendet: Es bleibt ein hohes Versorgungsrisiko bei gleichzeitig enormen Aufwendungen (knapp 10 Mio. € pro Windrad). Die zur Herstellung der Versorgungssicherheit nötigen Speicher – auf die man jedenfalls dann angewiesen ist, wenn man auf fossil erzeugten Strom und den Import von Atomstrom verzichten möchte – kosten ein Vielfaches davon.

Resümee: Die Versorgung mit Windstrom ist – ohne große und sehr teure Speicher oder Backup-Kraftwerke – nicht nur unzuverlässig, um nicht zu sagen hochgradig unsicher, sie ist auch unwirtschaftlich, weil sich die Windstromproduktion in einem Schwachwindgebiet überhaupt nur auf der Basis von zusätzlichen Subventionen und staatlichen Garantien rechnet. Dafür müssen letztlich die Stromverbraucher und die Steuerzahler aufkommen. Das ist ein volkswirtschaftlicher Nonsens. Ob sich ortsansässige Bürger am Bau der Windräder beteiligen (sogenannte “Bürgerbeteiligung“) oder fremde Investoren das Projekt dominieren, ist angesichts dessen belanglos. Am Ende müssen alle dafür zahlen, während einige wenige, sofern alles gut läuft, von den Subventionen für Schwachwind profitieren.

Ein zutreffendes Werturteil für dieses Unterfangen entsteht, wenn man im letzten Substantiv „Wind“ durch “Sinn“ ersetzt.

Dr. Hieronymus Fischer, Pentenried