Pressemitteilung zur eingereichten Rechts­aufsichts­besc­hwerde

Gauting, 18.02.2024

Windkraft-Beschlüsse hinter verschlossenen Türen sind rechtswidrig

Hintergrund:

Am 08.11.2023 wurde bei einer Informationsveranstaltung der Gemeinde Gauting bekanntgegeben, dass in den Wäldern bei Königswiesen und Buchendorf acht Windindustrieanlagen entstehen sollen, an denen sich die Gemeinde mit der Gründung einer „Bürgerwind Gauting GmbH“ unter Führung des Ingenieurbüros Sing beteiligen will. Neben der finanziellen und organisatorischen Unterstützung soll hierzu bei Buchendorf auch ein gemeindeeigenes Grundstück bereitgestellt werden. Wie der Energiereferent Herr Knape ausführte, hat im Gemeinderat eine grundsätzliche Diskussion über die Zahl der Windräder stattgefunden, um einen „Kompromiss“ zwischen Natur und Energie zu finden. Die Diskussion und der Beschluss über die konkrete Planung dieser acht Anlagen erfolgten in nichtöffentlicher Sitzung.

Da viele Sachfragen, etwa zum genauen Beschlusswortlaut und zur Rechtsgrundlage des Öffentlichkeitsausschlusses, offen blieben, fragten Vertreter unserer Bürgerinitiative am 21.11.23 persönlich in der Bürgerfragestunde und am 03.12.23 schriftlich bei der Bürgermeisterin Dr. Kössinger nach, woraufhin uns am 23.12.23 eine allgemeine Antwort mit pauschalem Verweis auf die „Schutzwürdigkeit der privaten Vertragspartner“ zuging.

Im Januar 2024 haben wir die Argumentation der Bürgermeisterin juristisch überprüfen lassen und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass diese geheime Beschlussfassung gegen die Bayerische Gemeindeordnung (BayGO) verstößt. In der letzten Woche haben wir daher beim Landratsamt Starnberg eine Rechtsaufsichtsbeschwerde eingereicht.

Hierzu nehmen wir folgendermaßen Stellung:

Die Errichtung von acht 255 Meter hohen Windindustrieanlagen, für die bei Königswiesen und Buchendorf insgesamt ca. 48.000 m² Wald abgeholzt werden müssen, stellt einen massiven Eingriff in den Gautinger Naherholungsraum und das Landschaftsbild im Allgemeinen dar. Der Beschluss des Gemeinderates, dieses Projekt aktiv voranzutreiben, ist eine schwerwiegende kommunalpolitische Entscheidung, die Gauting über Jahrzehnte stark verändern wird.

Vor diesem Hintergrund halten wir es nicht nur für rechtswidrig, sondern auch für politisch untragbar, dass Bürgermeisterin und Gemeinderat die konkreten Beratungen verheimlichten und diese wichtigen Beschlüsse hinter verschlossenen Türen fassten. Die Bürger wurden bei einer Informationsveranstaltung am 08.11.23 vor vollendete Tatsachen gestellt, obwohl sie von den Entscheidungen unmittelbar betroffen sein werden. Nicht nur unsere Bürgerinitiative, sondern auch der Staatsminister a.D. Martin Zeil kritisierte daraufhin in einem Leserbrief im Starnberger Merkur vom 21.11.23 die „Geheimniskrämerei“ der Gemeinde. Dies hat jedoch leider bei der Bürgermeisterin keinerlei Wirkung entfaltet, da trotz zweimaliger Aufforderung die genauen Beschlüsse weiterhin nicht veröffentlicht werden.

Dieses Vorgehen verstößt gegen Art. 52 BayGO: Der vorgeschobene Verweis auf Vertragsangelegenheiten rechtfertigt keinesfalls einen vollständigen Ausschluss der Öffentlichkeit bei einem Thema von derartig überragendem Interesse der Allgemeinheit. Beispielsweise ist die Beratung über die grundsätzliche Beteiligung der Gemeinde (wozu diese nicht verpflichtet ist) und die Anzahl und Auswahl der Windrad-Standorte ohne Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen des Ingenieurbüros Sing möglich (Näheres siehe Rechtsaufsichtsbeschwerde).

Mit ihrem geheimen Vorgehen verletzt die Gemeinde Gauting eine wesentliche Verfahrensbestimmung der Gemeindeordnung, die im Demokratieprinzip wurzelt. Dieses intransparente und rechtswidrige Vorgehen wirft ebenso wie die Ablehnung eines Bürgerentscheids Fragen nach dem zugrundeliegenden Demokratieverständnis auf. Es liegt der Verdacht nahe, dass die Bürgermeisterin und die Gemeinderatsmehrheit den Widerstand der Bürger gegen die industrielle Nutzung und Zerstörung ihrer heimatlichen Wälder durch riesige Windindustrieanlagen bewusst ignorieren und daher das Gautinger Vorhaben hinter verschlossenen Türen durchdrücken wollen. Schließlich hat beispielsweise in Wartenberg (Kreis Erding) oder neulich in Mehring (Kreis Altötting) die demokratische Bürgerbeteiligung zur klaren Ablehnung von Windkraft-Planungen geführt.

Wir halten daher das Einschreiten der Rechtsaufsicht im Landratsamt für dringend geboten, um die demokratischen Rechte der Gautinger Bürger zu wahren, und fordern die Aufhebung der ungültigen geheimen Gemeinderatsbeschlüsse gem. Art. 112 BayGO. Wenn die Gemeinde schon unbedingt proaktiv energiepolitisch zweifelhafte Naturzerstörungen vorantreiben will, dann müssen sich die Gemeinderäte wenigstens in einer öffentlichen Abstimmung zu dieser Entscheidung bekennen.

Unsere Bürgerinitiative wird weiterhin aufmerksam das Vorgehen der Kommunalpolitik zur Errichtung von Windrädern beobachten und alle verfügbaren politischen und juristischen Mittel einsetzen, um die Opferung von Waldgebieten im Naherholungsgebiet Würmtal zugunsten einer so nicht funktionierenden Energiewende zu verhindern. Dies gilt selbstverständlich auch für die Gemeinde Krailling.

Für die Bürgerinitiative Umwelt-Energie-Gauting:
Friedrich Huber, Beatrice Giehr, Anette Bäuerle und Bernhard Fliedner

Rückfragen bitte an info@umwelt-energie-gauting.de


Link zum Pressebericht über die Rechtsaufsichtsbeschwerde vom 21.02.2024:
Windkraft: Rechtsaufsicht ist eingeschaltet

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