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Kommentar zur Kritik der Gemeinde Gauting am Regionalen Planungsverband

Kommentar der Bürgerinitiative Umwelt-Energie-Gauting (BUEG) zur Kritik der Gemeinde Gauting am Regionalen Planungsverband München (RPV München) und zum Bericht im Merkur vom 11,/12.05.2024.

Hintergrundmaterial:

OFFENER BRIEF AN DEN RPV ZUM VORABENTWURF ZUR REGIONALEN STEUERUNG DER WINDENERGIENUTZUNG

ANSCHREIBEN AN DEN GEMEINDERAT GAUTING ZUR GEMEINDERATSSITZUNG VOM 07. MAI 2024

Die Kritik des Gemeinderats Gauting am Vorabentwurf des Regionalen Planungsverbands München (RPV München) ist entlarvend. Gescholten wird der Entwurf des RPV München, obwohl der Gemeinderat doch eigentlich allen Grund dazu hätte, sich an die eigene Nase zu fassen und offen einzuräumen, dass er unter Missachtung der übergreifenden Zielsetzung des Regionalen Planungsverbands die eigenen Windkraftpläne unabgestimmt umsetzen wollte und offenbar immer noch so umsetzen will.

Es ist mitnichten so, dass durch die Planungen des RPV München die kommunale Planungshoheit in unzulässiger Weise eingeschränkt wird. Die kommunale Selbstverwaltung operiert nicht im luftleeren Raum, sie muss doch ganz selbstverständlich innerhalb der Grenzen der bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen agieren und den erlassenen Regularien Rechnung tragen. Konkret bedarf die Errichtung von Windkraftanlagen in der Region ohne jeden Zweifel der übergreifenden Steuerung. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Windräder ohne Berücksichtigung der wohlverstandenen regionalen und interkommunalen öffentlichen Belange nach der einseitigen Interessenlage jeder Gemeinde gebaut werden. Und dies potenziell zum Schaden der gesamten Region. Um dies zu verhindern, wurden bayernweit die Regionalen Planungsverbände ins Leben gerufen und mit einem belastbaren Mandat ausgestattet. So auch der RPV München.

Zudem darf darauf verwiesen werden, dass im Jahre 2012, als die Gautinger Konzentrationsflächen ausgewiesen wurden, die betreffenden umweltrechtlichen Prüfungen allenfalls rudimentär vorgenommen worden sind. Bevor nun tatsächlich Windräder auf diesen Flächen gebaut werden können, ist daher die diesbezügliche Prüfung der öffentlichen Belange unabdingbar. Auf diesen regulären und völlig gesetzesmäßigen Prozess zu drängen ist das Bestreben des RPV München. Hier werden also nicht Rechte eingeschränkt, sondern Recht und Gesetz hochgehalten.

Der Hinweis auf die potenziell erschwerte Wertschöpfung der Gemeinde ist haltlos. Die angegebenen 24.000 Euro pro Windrad und Jahr rechtfertigen selbstredend kein Aushebeln der übergreifenden Planung. Im Übrigen ist die Feststellung der Frau Bürgermeisterin, die Einkommenssteuer (der Windkraft-Anteilseigner) bleibe in Gauting nicht mehr als Augenwischerei und sachlich unzutreffend. Genau 15 % der veranlagten Einkommenssteuer erhält die Gemeinde. Es sind keine 100 %, wie die Aussage der Bürgermeisterin glauben machen will. Im Hinblick auf die Argumentationskette kann es dabei indessen nur um die zusätzliche Einkommenssteuer aufgrund von Ausschüttungen aus der Windkraft-Beteiligung gehen.

Die kleine Rechnung dazu: Ein Anteilseigner investiert 10.000 Euro und erhält aus dieser Beteiligung eine jährliche Verzinsung von 6 %. Demnach werden 600 Euro ausgeschüttet. Der Steueranteil darauf beläuft sich bei einer Progression von 33,33% (Stichwort Bürgerbeteiligung: man möchte ja, dass sich ganz normale Bürger beteiligen, keine Großinvestoren) auf 200 Euro. Von diesen 200 Euro fließen demnach 15 %, also 30 Euro an die Gemeinde. Das sind die Einkommenssteuer­ein­nahmen, von denen die Bürgermeisterin spricht. Wenn sich 100 Bürger finden, die diesem Modell folgen und somit in Summe 1 Million Euro investieren, so darf die Gemeinde mit 3.000 Euro Mehreinnahmen rechnen.

Aber ist die vorstehende Kalkulation denn überhaupt zutreffend? Sind das die erwartbaren Zusatzeinnahmen der Gemeinde bei einer Investition von 1 Million Euro? – Leider nein, das Ganze ist noch geschönt. Die tatsächlichen Mehreinnahmen durch die Einkommensteuer der Anteilseigner liegen aller Voraussicht nach ungefähr bei null. Warum ist das so? – Wir müssen davon ausgehen, dass niemand einfach so Geld herumliegen hat, sozusagen unterm Kopfkissen. Das Geld, das nun also in die Gautinger Windkraft investiert wird, muss daher zwangsläufig von einer anderen Anlage abgezogen werden, sei es eine Daimler-Unternehmensanleihe, verzinst zu 6 %, oder ein Fondinvest bzw. ein kleines Aktienpaket, die gerne auch 12 % und mehr abwerfen können. Natürlich fallen auch für solche Anlagen, die mit Windkraft nichts zu tun haben, EkSt.-Erträge an.

Wenn nun ein Gautinger Bürger in die Windkraft invesiert, also Anteileigner wird und dafür seine Daimler Unternehmenanleihe verkauft – bekanntlich kann man einen Euro nur einmal einvestieren – dann entgehen der Gemeinde 30 € Einkommenssteuer auf die Unternehmenanleihe, dafür gewinnt sie 30 € durch die Windkraft-Beteiligung. Der Mehrertrag ist genau null.

Und wenn es ganz ungünstig läuft, verkauft eine Gautinger Bürgerin ihre ETF-Anteile im Wert von 10.000 €, die bisher immer 12 % bis 18 % p.a. abgeworfen haben (wofür in unserer Beispielrechnung 60 bzw. 90 € EkSt. an die Gemeinde gegangen sind) und investiert in die Gautinger Bürgerwind GmbH, mit dem Ergebnis, dass der neue Steuerertrag für die Gemeinde dann bei 30 € liegt. Ein klares Minusgeschäft für die Gemeinde, denn die Steuererträge sinken um 30 bzw. um 60 €.

In der Gesamtbetrachtung muss man wohl von einem Nullsummenspiel ausgehen. Mehrerträge in der Einkommensteuer für die Gemeinde durch Windkraft entstehen nur dann, wenn Gautinger Bürger dafür Kapital einsetzen, das zuvor nicht (oder zu sehr schlechten Konditionen) investiert war UND ohne die Existenz der Gautinger Windräder nicht investiert werden würde. Eine reichlich gewagte Wette, auf die man den Haushalt der Gemeinde Gauting jedenfalls nicht abstützen sollte.

Zudem soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass die ausgeschütteten Gewinne, je nach Börsenstrompreis und Stromertrag der Windräder potenziell zu einem erheblichen Anteil aus Steuersubventionen querfinanziert werden. Die obengenannten, an sich schon eher marginalen Einnahmen könnten daher teilweise oder sogar ganz aus dem Steuersäckel stammen und werden somit an anderer Stelle fehlen.

Ist die oben abgeschätzte Einnahme – so sie denn positiv wird – denn überhaupt erwähnenswert? Lohnt es sich, dafür Kompetenzstreitigkeiten mit dem speziell für die übergreifende Steuerung der Windenergie eingesetzten Planungsverband vom Zaun zu brechen?

Unabhängig von der finanziellen Fragwürdigkeit des gesamten Vorhabens ist auch die Behauptung des Gemeinderats Heinz Moser (Grüne), eine Windkraftanlage könne 2000 Tonnen CO2 im Jahr sparen völlig aus der Luft gegriffen. Richtig ist, dass Windkraftanlagen im Betrieb kein CO2 emittieren. Die angegebene Einsparung ist ein fiktiver Wert, dessen Höhe davon abhängt, womit man die Windstromproduktion vergleicht. Nimmt man Kohle als Vergleichsmaßstab, sieht die fiktive Einsparung numerisch gesehen groß aus, im Ergebnis ist sie aber irrelevant. Vergleicht man hingegen mit Solarstrom oder Atomstrom, ist die Einsparung praktisch null. Davon abgesehen ist die Flächeneffizienz von Windkraft ausnehmend gering. Die nötigen Abstandsflächen (500 m Distanz bzw. 4 Windräder pro Quadratkilometer) muss man berücksichtigen, daher ergibt sich im Mittel eine Stromproduktion von 40 kWh pro Quadratmeter und Jahr entsprechend einer durchschnittlichen Leistungsdichte von 4 – 5 W/qm. In der Photovoltaik auf Dächern sind es 5-mal so viel. Nur zum Vergleich: Ein Kernkraftwerk mit einem angenommenen Flächenbedarf von einem Quadratkilometer leistet mehr als 1000 W/qm.

Der Bau von Windkraftanlagen im Schwachwindgebiet um Gauting macht ersichtlich keinen Sinn, selbst wenn man Windkraft grundsätzlich für eine sinnvolle ergänzende Technologie bei der Stromproduktion hält. Der Betrieb ist zweckmäßig und energetisch tauglich dort, wo der Wind halbwegs verlässlich und in nennenswerter Stärke weht, vor allem dann, wenn die hochvolatile, also schwankende Stromproduktion mittels geeigneter Speicher geglättet werden kann. Technologisch ist das, Stand heute, nicht möglich und in absehbarer Zeit auch nicht bezahlbar.

Bei alledem nützt daher auch der Hinweis auf die Klimakrise nichts. Denn auch dem Klima helfen am Ende nur funktionierende Lösungen. Mit Blendwerk – nichts sonst sind Windräder in Schwachwindgebieten – das nur Kapital bindet aber ansonsten die Stromversorgung nicht sicherstellen kann, ist niemand gedient. Damit schadet man am Ende dem ansonsten richtigen und wichtigen Anliegen der effektiven Reduzierung der CO2-Emissionen, weil das an anderer und besser geeigneter Stelle investierte Kapital einen echten Nutzen stiften könnte. (fih)

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